Sonntag, 12. Oktober 2014

The colder water, the blower's daughter.


Wenn mir vor einigen Jahren jemand mit Blick in die Glaskugel erzählt hätte, dass ich ihm jemals in diesem Leben begegnen würde - ich hätte die Augen verdreht. Wenn mir jemand erzählt hätte, dass wir eines Tages zusammen im Ozean schwimmen würden - ich hätte ungläubig mit dem Kopf geschüttelt.

Mein kleines rotes Mietauto war voll mit Freunden von dir, auf der Rückbank ein letzter freier Platz in der Mitte. Wir fuhren durch die unzähligen verwinkelten Einbahnstraßen Reykjavíks, irgendwann sollte ich anhalten, ich sah nur ein Gesicht im Rückspiegel. Ein schönes Gesicht mit leuchtenden Augen. Der Hotpot direkt am Strand, im Süden der Stadt, würde in einer Stunde schließen, ich fuhr über die einzige sechsspurige Straße des Landes und aus dem Radio tönten Popsongs. Es war ein wunderbarer isländischer Sommertag, ich hatte das Autofenster geöffnet, zwitscherte zu den Liedern und der schöne Mann stimmte mit ein.

Als wir ankamen, verschwanden wir in den Umkleidekabinen und fanden im Hotpot wieder zueinander. Du wolltest im Meer schwimmen gehen, er wollte mitkommen und ich nahm all meinen Mut zusammen und begleitete euch. Wann hat man schon mal die Gelegenheit in der nördlichsten Hauptstadt der Welt im Atlantik zu schwimmen? Über den Strand rennen, nur nicht zögern, immer weiter, selbst, wenn du bereits mit den Füßen im eiskalten Wasser bist, selbst, wenn dein ganzer Körper vor Schmerz schreit und durch deinen Mund nur ein zaghaftes Quietschen weicht. Und dann steckst du bis zum Kopf im Ozean. Und der Moment ist riesig.

Später sitzen wir wieder im Hotpot und Wärme durchflutet unsere Körper. Der Mann sieht mich an. Er grinst. Ich werde das Gefühl nicht los, ihn zu kennen. Schaue auf seine überaus attraktiven Unterarme, auf seinen nackten Oberkörper.
Eine Durchsage verkündet, dass das Miniaturschwimmbad schließt, wir ziehen uns um. Später steht er neben mir, reicht mir seine Wasserflasche und ich nehme einige durstige Schlucke.

Wir fahren nach Hause. Als wir ankommen, alle bereits ausgestiegen sind und ich langsam zur Ruhe komme, fällt mir auf, wer da auf meiner Rückbank saß. Mit wem ich gerade im Atlantik gebadet habe. Und ich bekomme den Mund nicht mehr zu.
Auch heute nicht, als ich mir die Lieder seines neuen Albums anhöre, durch meine Küche laufe und leise mitsinge. Es ist schwierig zu verstehen, dass ich mit dem Mann mit Gitarre, der mich seit so vielen Jahren durch mein Leben begleitet, tatsächlich einen Abend am Strand von Nauthólsvík verbracht habe - und erst im Nachhinein bemerkt habe, wer das eigentlich gerade war.