Das Kniffeligste an einem Wiedersehen
ist doch der Moment, auf den wir nicht vorbereitet sind. Du weißt,
dass diese Stadt mir gehört. Ich habe hier Heimvorteil. Und doch
tauchst du gerade dann auf, wenn ich nicht vorbereitet bin. Wie
auch. Ich habe dich hier nicht erwartet. Und du hast vielleicht doch
einen kleinen Augenblick darüber nachgedacht, was passieren könnte,
wenn du mir hier begegnest. Ich war ahnungslos. Du nicht.
In einer Ecke in meinem Zimmer, da
steht ein Karton. Darin verwahre ich Erinnerungen. Als wir uns das
letzte Mal sahen, hast du mir einen Briefumschlag zugesteckt. Ich
habe die Zeilen erst später gelesen, die Hehlerware erst später
entdeckt. Sie befinden sich im Karton. Und du befindest dich in
meiner Stadt.
Es regnet seit Stunden, ich sitze unter
der Markise, esse Eis und tue so als wäre es Sommer. Kaum Leute
unterwegs. Wieso auch. Und dann du. Keine Kapuze, kein Regenschirm,
blaue Steppjacke und einen Freund an deiner Seite. Duo infernale. Du
drehst dich um. Siehst mich an. Wir grüßen uns in deinem
Vorbeigehen mit einem Handzeichen. Und ich weiß nicht, ob du zu cool
oder zu schüchtern bist, um stehen zu bleiben. Um irgendwas zu
sagen. Während dein Kumpel erst dich, dann mich mustert. Fragend zu
dir schaut. Und du in deiner Unsicherheit einfach weiter gehst.
Es gab eine Zeit, in der ich dir Sterne
ins Gesicht gemalt habe und dir Tee ans Bett gebracht habe. Wir
wissen beide, diese Zeit ist vorbei. Du kannst gehen, wohin du
möchtest. Ich weiß. Und doch: Diese Stadt gehört mir.