Sonntag, 13. August 2017

Die Puppe.


Der Mann hatte seine Hand auf das nackte Bein der Schaufensterpuppe gelegt. Die Puppe saß auf einem Stuhl und trug ein rotes Kleid mit weißen Punkten. Auf dem Kopf hatte sie eine blonde Perücke und sollte wohl Marilyn Monroe darstellen. Die Inszenierung inmitten des seelenlosen Konsumtempels war schlecht. Doch der Mann scherte sich nicht um das Ambiente. Nein, er hat seine Finger oberhalb der Plastikkniescheibe platziert und generierte einen bizarren Moment der Intimität.

Er stand dort mit seinem karierten Hemd und der einfallslosen Hose, die andere Hand in die Hüfte gestützt. Denn vor ihm stand seine eigentliche Frau. Hielt das Display der Handykamera sehr nah an ihr eigenes Gesicht, so dass es aussah als würde sie vor dem Moment zurück weichen. Unentwegt betätigte sie den Auslöser. Und ihr Mann lächelte das Lächeln eines Gewinners. Ich konnte ihn mir mit einem prächtigen Fang in der Anglerzeitung vorstellen, oder mit einem übergroßen Scheck vor der Brust, das richtige Lösungswort des Preisausschreibens der Lokalzeitung. Hundert Euro und ein Foto für's Käseblatt.

Doch tatsächlich berührte er nur das Puppenbein. Grinste immer noch und ließ sich dann zu einer Bewegung hinreißen, die merkwürdig obszön war. Die Hand, die auf dem Oberschenkel geruht hatte, fuhr nun langsam das Bein hinauf. Als er bereits ihren Rocksaum berühte hatte, und die Hand nun darunter verschwand, da zischte seine Frau: "Es reicht!". Rasch ging er mit ihr weiter.
Die Puppe blieb starr zurück. Ihr Oberschenkel entblößt.

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